Chronik des VPT

Chronikbeschreibung

18.4.1903: Gründung als Verband des Nebenbahnen Personals VNP in Zug; erste "Vororte" sind 1903-1908 Alpnachstad, 1908-1912 Wädenswil, 1912-1937 Huttwil unter Leitung von Johann Gosteli und 1937-1959 nochmals Huttwil unter Leitung von Fritz Felber.

1914-1918: Erster Weltkrieg, führt bei den Privatbahnern zu grosser Not; wegen Kohlen-mangel fahren an Sonntagen vielerorts keine Züge. Bei der Uetlibergbahn können nicht ein-mal die um 50 % gekürzten Löhne gezahlt werden. Zum Glück ist im VNP die Solidarität gross. Auch die Kollegen der SBB und besser gestellter Privatbahnen sind solidarisch: 1914 sammeln sie 115'000 Franken für Not leidende Privatbahner.

1919: Der Verband des Personals der Privatbahnen und Dampfschiffgesellschaften (VPPD), wie der VNP ab 1918 heisst, wirkt bei der Gründung des Einheitsverbands SEV aktiv mit, weil sich seine Mitglieder davon Verbesserungen versprechen.

1920-1926: Etliche erfolgreiche Streiks bei Privatbahnen.

1921: Die Union romande des employés de tramways (U.R.E.T) mit 1700 Mitgliedern tritt dem VPPD bei.

12.5.1928: Feier zum 25-Jahr-Jubiläum.

1930: Der VPPD genehmigt mit 5876 Ja gegen 177 Nein bei einer Stimmbeteiligung von
91 % die neuen SEV-Statuten. Erst durch diese Revision kommt es zum richtigen Einheits-verband SEV. Im Zusammenhang damit ändert der VPPD, damals zweitgrösster SEV-Unterverband, seinen Namen und heisst neu Verband des Personals der Privatbahnen und Dampfschiffgesellschaften (VPD).

6.12.1931: Das Schweizervolk lehnt mit 60 % Nein-Stimmen die Einführung einer Altersver-sicherung ab, obschon die SP stärkste Partei ist und sich die Gewerkschaften im Steigflug befinden.

1.1.1933: Die ASCOOP-Pensionskasse nimmt mit 27 Versicherten der Waldenburgbahn ihre Tätigkeit auf. Die Wirtschaftskrise dauert an und führt zu gravierenden Lohnkürzungen.

1939: Ausbruch des Zweiten Weltkriegs. Er trifft die Privatbahner weniger hart als der Erste Weltkrieg, nicht zuletzt dank der inzwischen erfolgten weitgehenden Elektrifizierung der Bah-nen. Treibstoff und Strassenfahrzeuge werden von der Armee beschlagnahmt, und den Ei-senbahnern werden enorme Leistungen abverlangt; das führt zu extremer Strapazierung von Personal und Rollmaterial. Der VPD fordert eine Alters- und Invalidenversicherung.

1943 wird in der Schweiz erstmals eine Bahnlinie stillgelegt (Schmalspurlinie Niederbipp-Oensingen).

1947 nimmt das Schweizervolk die AHV mit überwältigender Mehrheit an.

1952 beantragt eine vom Bundesrat eingesetzte Kommission die Verstaatlichung von 15 Privatbahnen (siehe Bahnenverzeichnis im Anhang zum Buch "100 Jahre SEV-VPT"). Der Kanton Bern bezeichnet die Lösung der Privatbahnprobleme als eine der vordringlichsten innenpolitischen Aufgaben. Die Società Navigazione del Lago di Lugano reicht ein Gesuch für die Verpfändung aller Grundstücke, Gebäude und Werften ein, um ein neues Schiff für 700'000 Franken finanzieren zu können.

1953: 50-Jahr-Jubiläum; für die Zentralschweizerische Generalversammlung in Vitznau mel-den sich 875 Kollegen an.

1954: SEV-Verbandspräsident Robert Bratschi wird Direktor der BLS. Die SBB befinden sich im Hoch, die meisten Privatbahnen dagegen am Rande des Abgrunds. Entsprechend mise-rabel sind hier die Löhne: Ein Bahnarbeiter erhält 6583 Franken Jahreslohn, ein Handwerker 7666 Franken. Die Verbandspresse schreibt über die "kommende" Mutterschaftsversiche-rung - in Kraft ist diese aber bis heute nicht...

1955 der Unterverband erhält seinen heutigen Namen "Unterverband des Personals privater Transportunternehmen VPT".

1956 bis Anfang der 70er-Jahre "überhitzt" sich die Konjunktur. Die Privatbahnen können bei den Löhnen nicht Schritt halten. Viel Personal wandert in die Privatwirtschaft ab. Dies veranlasst Zentralpräsident Fritz Felber zur Aussage: "Der Privatbahner muss sich gelegent-lich mit einem Gefühl der Bitternis als Bürger mindern Rechtes fühlen."

1.7.1958: Das neue Eisenbahngesetz tritt in Kraft.

1.1.1961: Die so genannte Lohnsystematisierung tritt in Kraft. Sie ermöglicht die Annäherung der Privatbahnerlöhne an die Löhne der SBB.

31.3.1963: Der VPT zählt 11'212 Mitglieder und ist damit der grösste SEV-Unterverband.

1965: Die sanierte Luzern-Stans-Engelberg-Bahn (LSE) fährt bis Luzern und die Solothurn-Zollikofen-Bern-Bahn (SZB - heute RBS) in den neuen Bahnhof Bern. Im Tessin werden in den 60er- und 70er-Jahren sechs Privatbahnen der Strasse geopfert. In der Folge weist das Tessin den grössten Individualverkehr auf.

1967: Die Krise im Nahen Osten und der Vietnamkrieg beschäftigen die Leute stark. Die Teuerung galoppiert.

1970: Die erste Überfremdungsinitiative (Schwarzenbach-Initiative) wird vom Schweizervolk abgelehnt. Der SEV zählte zu den Gegnern.

1973: Der Nahostkonflikt führt zu einer Erdölkrise. Sie beschert der Schweiz drei autofreie Sonntage und weitere Einschränkungen des Individualverkehrs.

1975: Die Hochkonjunktur ist vorbei, eine schwere Rezession setzt ein. Die SBB haben plötzlich zu viel und nicht mehr zu wenig Personal und weisen ein Defizit von 800 Mio. Fran-ken aus. Nach den Boom-Jahren schreibt auch der Bund tief rote Zahlen.

20.5.1978: Der VPT feiert sein 75-jähriges Bestehen.

23.5.1982: Ein geschichtsträchtiges neues Reisezugskonzept wird eingeführt: der so ge-nannte Taktfahrplan.

1984: Das Schweizervolk stimmt der Schwerverkehrsabgabe und der Autobahnvignette zu. Beides hat der SEV befürwortet.

1.1.1987: Das Altersabonnement wird in das heute noch gültige Halbpreisabonnement um-gewandelt.

6.12.1987: Das Schweizervolk lehnt das Referendum gegen die Bahn 2000 mit überwälti-gendem Mehr ab. Der SEV ist erleichtert.

1992: Der Kanton Jura lehnt eine Verlängerung der Chemins de fer du Jura (CJ) von Glove-lier nach Delsberg ab. Innerhalb von 10 Jahren haben die Bahnen ihre Fahrpreise um 54 % aufschlagen müssen. In der gleichen Zeitspanne ist das Benzin sogar billiger geworden. Daraus resultiert eine Wettbewerbsverzerrung, selbst wenn die ungedeckten Kosten der Strasse von 7 Milliarden Franken nicht berücksichtigt sind (Personenschäden: 3,7 Mrd., Sachschäden: 3,1 Mrd., Genugtuungsleistungen: 648 Mio.).

20.02.1994: Das Schweizervolk sagt Ja zu vier Verkehrsvorlagen (darunter die Alpen-Initiative). Der SEV gehört zu den Gewinnern und feiert im gleichen Jahr sein 75-jähriges Bestehen.

1.1.1996: Ein neues Eisenbahngesetz tritt in Kraft und hat fatale Folgen: Die segensreiche Lohnsystematisierung verschwindet über Nacht, und das so genannte Bestellverfahren bereitet den Unternehmen und dem Personal Sorgen. Beim Mehrwertsteuersatz ist der öffentliche Verkehr in der Schweiz im Vergleich zum Ausland benachteiligt: Dort bezahlt dieser einen reduzierten Satz oder ist von der MWSt ganz befreit, in der Schweiz dagegen bezahlt der öffentliche Verkehr den vollen Satz.

1.6.1997: Die so genannte Seelinie (Kreuzlingen - Schaffhausen) geht von den SBB an die Mittelthurgaubahn (MThB) über.

1998: Das Schweizervolk stimmt im September der Leistungsabhängigen Schwerverkehrabgabe (LSVA) zu, und im November auch noch der Finanzierung des öffentlichen Verkehrs (FinöV - für NEAT, Bahn 2000, Lärmschutz und Anbindung ans euro-päische Hochgeschwindigkeitsnetz). Der SEV ist erfreut.

1.6.1999: Das SBB-Personal kommt in den Genuss der 39-Stunden-Woche. Bei den Privat-bahnen beginnt das Zeitalter der Gesamtarbeitsverträge.

19.11.1999: Im Kanton Graubünden wird der Vereina-Tunnel der Rhätischen Bahn feierlich eröffnet.

In den Jahren 2000-2002 fusionieren verschiedene Bahnen. Zum Beispiel: Martigny-Orsières und Martigny-Châtelard zur TMR. Bodensee-Toggenburgbahn und Südostbahn zur neuen SOB. Furka-Oberalp-Bahn und Brig-Visp-Zermatt zur Matterhorn-Gotthard-Bahn. Mehrere Bahnen bei Yverdon und im Jura zur Travys. Zusammenarbeiten wollten auch die SBB und die MThB. Heute existiert die MThB nicht mehr, und die Seelinie ist wieder indirekt bei den SBB, nämlich ihrer Regionalverkehrstochter THURBO.

Mit über 200 geladenen Gästen aus Politik, öffentlichem Verkehr und Gewerkschaft feiert der VPT am 5. April 2003 im "Landhaus" in Solothurn sein 100-Jahr-Jubiläum. Schwerpunkte der Festansprachen waren Sparmassnahmen und Wettbewerb im öV sowie die Bahnreform 2.


Walter Oberli, Sekretär VPT und Verfasser des Buches "100 Jahre SEV-VPT" (5.4.03)